
TelefonSeelsorge goes Messenger
Fast sechs Jahrzehnte ist die TelefonSeelsorge für Menschen in Krisen und schwierigen Lebenssituationen da – an allen Tagen des Jahres, rund um die Uhr, kostenlos und vertraulich. Der Auftrag der amtlichen, psychosozialen Notrufnummer ist die professionelle Beratung von Menschen, die zeitnahe und äußerst niederschwellig Krisenintervention, Unterstützung, Begleitung und Stabilisierung benötigen. Das Angebot der TelefonSeelsorge richtet sich an Erwachsene aller Altersstufen genauso wie an Jugendliche. Unter dem Motto „Sorgen kann man teilen“ erfahren Ratsuchende ungeteilte Aufmerksamkeit, Entlastung und Wertschätzung.
Da nicht nur Reden, sondern auch Schreiben in Krisen helfen kann, wurde 2012 die Mailberatung und 2016 die Chatberatung etabliert. Der Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 ließ die Anfragen per Chat nach oben schnellen, weshalb das Angebot innerhalb kürzester Zeit massiv ausgeweitet wurde. Seit dem Jahr 2023 steht die Chatberatung täglich von 16 bis 23 Uhr kostenlos und anonym zur Verfügung, die Anfragen sind weiterhin im Steigen begriffen. In den letzten Jahren hat sich das Mediennutzungsverhalten der Menschen weiter rasant verändert. So läuft die Kommunikation laut österreichischer RTR für Telekommunikation und Post mittlerweile zu 99 Prozent über Messengerservices. 82 Prozent der österreichischen Jugendlichen zwischen 11 und 17 Jahren nutzen täglich WhatsApp.
Dieser Tatsache trägt die TelefonSeelsorge mit einem neuen, zukunftsorientierten Angebot Rechnung: mit der Messengerberatung. Sie ist aus ganz Österreich kostenlos, anonym und vom eigenen Wohnzimmer genauso wie von unterwegs erreichbar. Ohne Anmeldung kann mit professionell ausgebildeten Berater:innen kommuniziert werden. Eine spezielle Verschlüsselung gewährleistet Sicherheit und Datenschutz. Mit der Messengerberatungist die TelefonSeelsorge österreichweit Vorreiterin unter den Beratungseinrichtungen im psychosozialen Bereich. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz finanziell unterstützt.
Warum es Messengerberatung braucht, um Menschen – besonders Jugendliche – in ihrer digitalen Lebenswelt abzuholen, und wie sie genau funktioniert, erläuterten in einer Pressekonferenz am 12. Mai 2025 im OÖ. Presseclub in Linz Silvia Breitwieser, Obfrau des Vereins TelefonSeelsorge Österreich, Leiterin der TelefonSeelsorge OÖ – Notruf 142 und Psychotherapeutin, und Barbara Lanzerstorfer-Holzner, Referentin der TelefonSeelsorge OÖ – Notruf 142 und Psychotherapeutin. Online zugeschaltet war aus Berlin Diplompädagogin Petra Risau, Onlineberaterin, Lehrende und Mentorin für Onlineberatung sowie Trainerin für Onlineberatung. Sie hat bisher 70 Mitarbeiter:innen der TelefonSeelsorge Österreich für die neue Beratungsform geschult.
Innovatives, niederschwelliges und datensicheres Angebot für neue Zielgruppen
„Professionelle Beratung muss mit der Zeit gehen, sich an die Lebensrealitäten derer anpassen, die ihre Hilfe benötigen“, so die Überzeugung von Silvia Breitwieser, Obfrau des Vereins TelefonSeelsorge Österreich, Leiterin der TelefonSeelsorge OÖ – Notruf 142 und Psychotherapeutin. Jugendliche und junge Erwachsene sind täglich mehrere Stunden in digitalen Welten unterwegs: durch die Kommunikation über Messenger-Dienste, das Verwenden von verschiedenen Social-Media-Diensten, den Medienkonsum über Plattformen oder das Online-Gaming. „Das Smartphone, ständige Erreichbarkeit und Social Media sind fixe Bestandteile unseres Alltags geworden. Jugendliche verbringen täglich im Schnitt 220 Minuten am Smartphone. Bei den Unter-30-Jährigen hat die schriftliche Kommunikation mithilfe von Messenger-Diensten das Telefonieren abgelöst. Die neue Messenger-Beratung der TelefonSeelsorge stellt ein sehr niederschwelliges Angebot der Unterstützung und Begleitung auch und gerade für jüngere Zielgruppen dar“, so Breitwieser.
Dass sich das Kommunikationsverhalten in den letzten Jahren stark verändert hat, bestätigt auch die Berliner Diplompädagogin Petra Risau. Sie ist selbst Onlineberaterin, Trainerin und Lehrende für Onlineberatung. „Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen werden Gespräche zunehmend durch Text- oder Sprachnachrichten ersetzt – weil sie zeitlich flexibler und in der sozialen Dynamik oft weniger fordernd sind. Man kann überlegter reagieren und das Tempo selbst mitbestimmen“, erklärt Risau.
Auch Zahlen aus aktuellen Studien belegen, dass Jugendliche mehr schreiben als telefonieren: Laut dem Jugend-Internet-Monitor 2025 nutzen 84 Prozent der männlichen und 91 Prozent der weiblichen Jugendlichen in Österreich WhatsApp regelmäßig. In Deutschland bilden die 16- bis 19-Jährigen mit fast 90 Prozent die größte Nutzergruppe auf WhatsApp. Aber auch Erwachsene nutzen Messenger-Dienste intensiv: So verwenden laut Social Media Report Österreich 2024 86 Prozent der Gesamtbevölkerung WhatsApp – über alle Altersgruppen hinweg.
„Diese Zahlen zeigen deutlich: Messenger sind nicht nur Kommunikationsmittel der Jugend, sondern durchdringen heute alle Altersgruppen. Die Messengerberatung der TelefonSeelsorge Österreich ist somit ein wichtiger Schritt, um Menschen jeden Alters in ihrer vertrauten digitalen Umgebung zu erreichen“, betont Risau.
Außerdem verlagern sich „Schreiborte“ zunehmend in den öffentlichen Raum: Beratung kann heute im Bus, in der Pause oder nachts im Bett stattfinden. „Messengerberatung ist genau dafür geeignet. Sie ermöglicht nicht nur Kontaktaufnahme rund um die Uhr, sondern auch spontane oder kurze, aber wichtige Interventionen zwischendurch“, so die Pädagogin.
WhatsApp ist das mit Abstand wichtigste Kommunikationsmedium unter Jugendlichen. Wer diese Zielgruppe erreichen will, muss sich auf deren Kommunikationsformen einlassen. Deshalb steigt der Bedarf nach Messengerberatung deutlich. „Die TelefonSeelsorge Österreich schafft hier ein innovatives, datensicheres Angebot, um neue, insbesondere jüngere Zielgruppen niedrigschwellig zu erreichen, denn in der Regel sind auf jedem Beratungskanal andere Zielgruppen aktiv“, zeigt sich Risau begeistert von der Vorreiterrolle der TelefonSeelsorge.