Leicht und schwer zugleich

Matthäusevangelium 11
29 Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir;
denn ich bin gütig und von Herzen demütig;
so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele.
30 Denn mein Joch drückt nicht, und meine Last ist leicht.
Als ich ein Kind war, ist auch unsere Familie im Sommer an die Adria gefahren. Damals habe ich mir so überlegt, wie schwierig es wohl ist, Italiener zu sein. Weil ich dachte, zunächst lernen alle Menschen natürlich Deutsch, und dann müssen sie es übersetzen lernen in die Sprache, die man in jenem Land eben braucht. Und ich habe an meinen kindlichen Versuchen, italienische Wörter zu lernen, gespürt, wie schwer eine fremde Sprache sein kann.
Was ich natürlich nicht bedacht habe: Wenn man etwas vom Anfang an übt und praktiziert, wird es ganz normal. Daran habe ich mich in dieser Woche erinnert, als ich in Budapest war: Ungarisch zu lernen ist für die Ungarn überhaupt kein Problem. Und selbst chinesisch ist kinderleicht für die Chinesen.
Bisweilen hören wir die Klage: Gottes Gebote sind so schwer zu lenen; die Vision von Frieden und Gerechtigkeit der Tora, wie sie uns die Profeten immer wieder in Erinnerung rufen. Solidarität im Namen Gottes mit den Schwachen und Ausgegrenzten, ein Lebensstil, der die Schöpfung nicht schädigt. Diese Weisungen stehen in der Tora vom Sinai, die Gott seinem Volk Israel übergeben hat, diese Gebote hat Jesus anschaulich und konkret gelebt und gepredigt.
Aber es sind ja keine Forderungen, um uns das Leben schwer zu machen und uns moralisch zu quälen; sondern Gottes Weisungen machen uns achtsam für Lebenschancen für alle. Jesus sagt, das zu tun ist zugleich schwer uns zugleich leicht. Ja, es ist schwer, aus unserem bisherigen Tun auszusteigen und aus diesem Geist heraus zu leben. Ja, es ist einfach, wenn wir vom Anfang an genau dieses Leben mit Gott zur Gewohnheit machen. Wie ungarisch zu lernen.
Weil aussteigen aus unserem Trott, weil umsteigen und Solidarität und Frieden zu lernen nicht so einfach ist, kommen in diesen Wahlkampfzeiten nun sehr gern einfache und bequeme Lösungen auf uns zu: etwa in der Frage der Migration, wenn es um Arbeitslosigkeit oder Armut geht. Ausgrenzen, abwehren, jene schikanieren, die eigentlich am meisten Hilfe brauchen, das sind die schnellen Rezepte, mit denen sich manche überbieten.
Aber es kann anders sein. Auch wenn wir jetzt anfangen, werden wir es irgendwann erlernen. Und wenn wir es jetzt praktizieren, wachsen andere ganz selbstverständlich damit auf. Ich meine nicht, Ungarisch lernen, sondern das Reich Gottes in unserer Mitte zu leben.
Schlossfest, 9. Juli 2017, 14. So JK A